Biologische Fragen

Wieviel Schlaf brauchen Schüler unterschiedlichen Alters?

Der Schlafbedarf des Menschen verändert sich im Laufe seines Lebens beinahe so sehr, wie seine Größe. Nur geht die Bewegung genau in die entgegengesetzte Richtung. Bei Neugeborenen ist der Schlafbedarf am höchsten und mit dem Alter nimmt er immer weiter ab. Jugendliche benötigen im Normalfall 8-9 Stunden Schlaf. Kinder brauchen etwas mehr.

Leider schlafen nur 25% aller Jugendlichen in Deutschland tatsächlich so lange, wie sie eigentlich müssten. In einer Befragung von 15-jährigen deutschen Schülern gaben 61% an, ein Schlafdefizit zu haben.

Wie wirkt sich Müdigkeit auf die Schultauglichkeit der Schüler aus?

In erster Linie verlieren unausgeschlafene Kinder natürlich zu großen Teilen ihre Konzentrationsfähigkeit. Es fällt ihnen schwer die eigenen Gedanken zu steuern und sie schweifen schnell vom Thema ab. Wissenschaftliche Studien zeigen jedauch auch, dass beispielsweise Dinge wie die Kreativität der Schüler extrem abnehmen und sich die Stimmung der Untersuchten stark senkte.

Beunruhigend aber ist vor allem, dass sich Menschen scheinbar mit der Zeit an den Zustand des Unausgeschlafenseins gewöhnen und die Abnahme beispielsweise ihrer Kreativität oder Konzentration nicht mehr selbst wahrnehmen.

Wird das Lernen effektiver, wenn die Schüler ausgeschlafen sind?

Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Chronobiologie ist der Zusammenhang zwischen Schlaf gemäß dem inneren biologischen Rhythmus und Lernerfolg. Schüler die gut schlafen können, weil innere und äußere Rhythmen harmonieren, benötigen weniger Anstrengung und Zeit zum Lernen. Dies trifft sowohl für das Aneignen von Wissen als auch das Kennen- und Könnenlernen zu.

Diese Ergebnisse werden von Pädagogen, welche die Möglichkeit zum Vergleich haben, in der alltäglichen Praxis eindeutig bestätigt.

Daraus folgt aber auch, dass bei harmonisierenden Rhythmen bei gleicher Stundenzahl mehr und besser gelernt werden kann. 

Würde ein späterer Unterrichtsbeginn zu mehr Aufmerksamkeit und besserer Leistungsfähigkeit führen?

Diese Frage beantworten alle Wissenschaftler, von denen wir bisher erfahren haben, mit einem klaren Ja. Auch Studien über Schulen, die ihre Anfangszeit bereits verschoben haben, weisen in diese Richtung. Wir konnten kein Beispiel finden, wo ein gegenteiliger Effekt aufgetreten wäre. Dennoch ist es bei solchen Fragen natürlich am schönsten wenn man eigene Erfahrungen machen kann.

Trägt ein Schüler nicht selbst die Verantwortung für seine Müdigkeit?

Die meisten Schüler können das Ende ihres Schlafes nicht selbst beeinflussen, da der Wecker die Steuerung übernimmt.

Das Einschlafen ist aber auch nicht beliebig steuerbar, wie wir alle aus eigener Erfahrung wissen. Zu bestimmten Zeiten kann man einfach nicht einschlafen. Nur wenn Körper und Geist bereit zum Schlafen sind ist ein gesunder Schlaf möglich. Diese Zeiten spiegeln unseren inneren Rhythmus, unseren Biorhythmus, wider.

Jugendliche können in der Pubertät nicht früher einschlafen. (Warum das so ist, steht im nächsten Abschnitt, s.u.)

Ein Schüler trägt also keineswegs selbst die Verantwortung für seine Müdigkeit, da er weder Einschlafzeit noch Aufwachzeit selbst beeinflussen kann.

Wieso gehen nicht einfach alle früher ins Bett?

Wir Menschen sind sehr rhythmische Wesen. Unser innerer Rhythmus signalisiert dem Körper, wann es Zeit ist zu essen, Leistung zu erbringen, zu schlafen oder aufzuwachen. Jeder Mensch hat seinen eigenen inneren Rhythmus mit auf den Weg bekommen, seinen Chronotyp - von Frühaufsteher (Lerche) bis Spätaufsteher (Eule), die meisten liegen irgendwo dazwischen. Dieser synchronisiert sich mit dem Tageslicht, ändert sich aber auch mit dem Alter.

Schlafstudien zeigen ganz klar, dass sich der innere Rhythmus in der Pubertät weit nach hinten verschiebt. Teenager kommen am Morgen besonders schwer aus dem Bett. Nach der Adoleszenz verschiebt er sich wieder deutlich nach vorn. Junge Erwachsene können wieder leichter früh aufstehen. Mit zunehmenden Alter fällt das Aufstehen in der Frühe dann immer leichter, zumal auch der Schlafbedarf abnimmt.

Diese Verschiebung ist kein Ausdruck von Aufmüpfigkeit oder Bequemlichkeit. Der Wechsel wird durch hormonelle Umstellungen im Körper der Heranwachsenenden verursacht.

Verschiebung der Schlafmitte in Abhängikeit vom Alter. (Zum Vergrößern bitte anklicken.)

 

Quelle: P. Spork, Das Schlafbuch, 2012 (Lit.); nach: T. Roenneberg, u.a.: A marker for the end of adolescence, 2004 (n.ö.Lit.)

Ist das eine Frage der Erziehung?

Der Biorhythmus eines Menschen ist angeboren. Er verschiebt sich in Abhängigkeit vom Alter und synchronisiert sich mit dem Tageslicht. Eine Änderung durch Erziehung ist nicht (oder zumindest nur in ganz engen Grenzen) möglich, auch wenn sich das viele (Erwachsene) gerne wünschen.

Eine oft unterschätzte Gefahr stellt die vermeintliche Umstellung des Biorhythmus durch Gewöhnung dar. Viele Eltern berichten, dass ihre Kinder von selbst z.B. um 6:00 Uhr aufwachen, kurz bevor der Wecker klingelt. Meist wird dann angenommen, dass das Kind ein Frühaufsteher, also eine Lerche ist. Dies ist aber keineswegs immer der Fall. Das Aufwachen zu einem bestimmten Zeitpunkt entsteht auch durch Konditionierung (wenn der Wecker immer um 6 Uhr klingelt). Es ist ein reflexartiges Verhalten. Weder ist das Kind dann ausgeschlafen noch hat sich sein Biorhythmus geändert.

Eine "Erziehung" des Biorhythmus ist nicht möglich, eine Konditionierung der Aufwachzeit schon, mit allen negativen Folgen des Schlafmangels.

Werden bei späterem Unterrichtsbeginn die Lerchen benachteiligt?

Nein, beim jetzigen frühen Schulbeginn werden aber sowohl die Eulen als auch die große Zahl der Schüler mit Chronotypen zwischen Lerche und Eule benachteiligt.

Ein späterer Schulbeginn gibt allen die Freiheit, selbst zu entscheiden, wann sie aufstehen. Frühaufstehern wird es keineswegs verwehrt, weiterhin früh aufzustehen und die Zeit vor der Schule zu nutzen, beispielsweise für Sport oder Hausaufgaben.

Mit dem späteren Unterichtsbeginn wird eine gerechte Behandlung aller Rhythmus-Typen möglich.

Hinzu kommt, dass wir damit die Benachteiligung unsere Schüler gegenüber anderen Schulen, die später anfangen, endlich beenden.

Sind Bildschirme und blaues Licht am Abend die Ursache des Schlafmangels?

Die Recherchen der AG Spagat ergaben:

Ja, blaues Licht am Abend, wie es beispielsweise Bildschirme aussenden, kann Ursache von Schlafmangel sein, wenn über die eigentliche Einschlafzeit hinaus durch diese Reize die Schläfrigkeit verhindert wird. In diesem Falle erfolgt eine Verschiebung des äußeren Rhythmus hinter den inneren Rhythmus. Am nächsten Morgen wird aber wieder nach einem nach vorn verschobenen äußeren Rhythmus geweckt. Blaues Licht am Abend verstärkt also den Schlafmangel noch zusätzlich.

Die AG Spagat meint dazu:

Dieses Problem betrifft aber nicht alle Schüler gleichermaßen und es besteht außerdem die Möglichkeit, es in den Familien zu lösen. Wenn die Schüler entsprechend ihrer inneren Uhren einschlafen, weil sie nicht durch blaues Licht wachgehalten werden, müssen sie aber immer noch gegen ihren inneren Rhythmus zu früh aufstehen.

Das Problem des zu frühen Aufstechens aufgrund des Unterrichtsbeginns kann durch Verzicht auf blaues Licht am Abend also nicht gelöst sondern nur für einige Betroffene gemildert werden.